Eine Studie des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) hat erst kürzlich wieder festgestellt: „Die uralten Begriffe Vertrauen und Sicherheit erleben seit Beginn unseres digitalen Zeitalters eine Renaissance“.
Aber mal ehrlich. Eigentlich braucht es dafür keine Studie, oder? Der Begriff „Fake News“ aus der Administration um Präsident Donald Trump war ein Paradigmenwechsel. Er sagte vor allem: "Traue nicht dem Internet. Glaube nicht den Medien. Glaube stattdessen deiner (digitalen) Community." Mit Corona wurde es nur noch querer und das Vertrauen in die journalistische Kommunikation war nie niedriger als heute. Doch was bedeutet das für die professionelle Kommunikation? Für Marken und Marketing?
Vertrauen ist ein integraler Bestandteil der Marketingkommunikation
Kommunikation beruht immer auf Vertrauen. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage kann nicht ständig ad hoc überprüft werden, sonst funktioniert eine normale Kommunikation nicht. Ich muss einfach darauf vertrauen, dass der andere mir die Wahrheit sagt. Alles andere ist anstrengend.
Ob mein Gegenüber mich gerade anlügt, kann ich als Mensch an verschiedenen Faktoren erkennen - sei es an der Beobachtung der Körpersprache oder an einem mentalen Check mit meinem Wissen über das besprochene Thema. Der entscheidende Faktor ist jedoch meine Beziehung zu der Person, mit der ich gerade kommuniziere. Vertrauten Menschen, so sagt es schon der Wortsinn, zum Beispiel guten Freunden, vertraue ich mehr. Bei intimen Beziehungen verlasse ich mich sogar blind auf die Aussagen des anderen. Diese Erkenntnis ist auch für das Marketing nicht neu, sondern wurde bereits vor 30 Jahren von Crosby/Evans/Cowles als zentraler Erfolgsfaktor im Dienstleistungsmarketing beschrieben. Denn gerade bei Dienstleistungen weiß ich erst hinterher, ob die Entscheidung richtig war.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Pluralität meiner Informationsquellen. Wenn ich eine Meinung mehrfach von verschiedenen Personen höre, glaube ich ihr eher. In einer Studie der Universität Ulm aus dem Jahr 2019 wurden 1681 Probanden gefragt, wie viele Nachrichtenquellen sie online und offline nutzen. Die Forscher fanden heraus, dass sich viele Probanden fast ausschließlich online informieren. Wählen sie nur sehr wenige Quellen aus, laufen sie Gefahr, nur das angezeigt zu bekommen, was laut Algorithmus ohnehin zu ihrer bestehenden Meinung passt. Ein Effekt, der sich massiv verstärkt, wenn ich mich zusätzlich in sozialen Medien mit Menschen vernetze, die ebenfalls die gleiche Meinung haben. Es bilden sich Communities, oder anders formuliert: „Filterblasen“.
Wenn Meinungsbildung heute in digitalen Netzwerken stattfindet, z.B. in der Politik oder im Gesundheitswesen (z.B. „Impfgegner“), dann muss das doch auch für die professionelle Markenkommunikation von großer Bedeutung sein, oder?
Ich komme zurück auf die DIVSI-Studie - "Die uralten Begriffe Vertrauen und Sicherheit erleben seit Beginn unseres digitalen Zeitalters eine Renaissance. Unternehmen und Marketing haben sich in den letzten Jahrzehnten vor allem auf individuelle Kaufentscheidungen konzentriert. Damit liegen sie in Zukunft wahrscheinlich falsch."
Der mündige und mit Marketingbotschaften überflutete Konsument von heute braucht nicht noch mehr Argumente für seine eigene Entscheidung. (Vgl. Edelman ) Der Konsument sortiert, was relevant ist und was nicht, zunehmend auf Basis des Vertrauens in den Absender der Kommunikation. Ein Vertrauen, das auf der Beziehung zu diesem basiert. Aber der Effekt wird digital verstärkt. Ist der Absender Teil meiner Community? Teilt er meine Meinung, meine Einstellung, meine Werte? Passt die Marke zu meiner Community? Ist die Marke sogar ein Erkennungszeichen meiner Community?
Im digitalen Marketing definieren wir Relevanz bislang ganz anders. Relevant ist heute was im richtigen Moment, der richtigen Person, auf dem richtigen Device im richtigen Format gezeigt wird. Quasi Marketing-Logistik.
Stattdessen müssen wir darüber reden, in welchen Netzwerken befindet sich eine Person, welche Werte sind der Zielgruppe wichtig, welche Haltungen hat dieser Mensch und sein Netzwerk aus Beziehungen. Und was treibt diesen Menschen an? Was für eine Visualität umgibt diese Communities, welche Ängste haben diese Menschen? Nur wenn wir auch in diesen Netzwerken eine Resonanz erzeugen mit unserer Marke, unserem Content, unserem Design, dann bekommen wir das Vertrauen der Zielgruppe. Und nur dann können wir zukünftig in dieser Zielgruppe erfolgreich sein. Diese Aufgabe ist Teil einer digitale Transformation der Marke. Wir nennen das Digital Branding.
Marketing wird dadurch wieder weniger Logistik und mehr Kommunikation. Und ganz ehrlich - das ist auch gut so.